Die ersten Pässe, ein Stau und weitere Überraschungen

Als Anfänger ist man bei unvorhergesehenen Ereignissen schnell überfordert.

Um 07:30 Uhr werde ich wach. Iris ist aber bestimmt schon länger auf. Die Nacht war ruhig. Das Bett quietscht und knarzt zwar, aber wir haben gut geschlafen. Aufstehen, Badezimmer und dann Kaffee. Ohne bin ich echt nicht genießbar.

Das Frühstück hier ist gut. Rührei, Speck, Wurst und Käse, sowie frisches Brot. Müsli, Obst und Joghurt. Wir frühstücken ausgiebig, es soll ja lange halten. Gepackt ist noch nichts, aber das geht ja schneller als beim Zelten. Schnell wieder rauf, alles in die Tüten packen und in 2 Steps runter ans Bike.

Unten vor der Türe plaudern wir mit einer Gruppe GS Treiber. Mit denen hatten wir uns gestern Abend schon unterhalten, eine lustige Truppe. Die wollen noch bis nach Montenegro und haben dafür insgesamt 10 Tage Zeit, das wird sportlich. Wie immer verquatscht man sich. Es wird über dies und das philosophiert. Einer der Jungs will seine 850er GS Adv. wieder loswerden, zu viele Fehler, ständig in der Werkstatt.

Kurz bevor wir uns fertig machen, kommt noch jemand auf mich zu. Er hat Fragen zu dem Reifen, den ich fahre. Auch wir kommen weiter ins Gespräch. Es ist Rumäne und empfiehlt uns direkt eine Unterkunft bei Bekannten, direkt am Fuße der Transfăgărășan. Schöne Grüße von Raimund und Ramona sollen wir da bestellen.

Iris lernt die Eigenheiten des Motorradurlaubs kennen. Allein ist man nie und Gespräche gibt es immer. Egal ob am Hotel, der Pension oder auf dem Campingplatz, Biker sind halt so eine eigene Welt.

Nachdem wir es endlich schaffen loszukommen, soll es über den Vršič Pass gehen. Ich kenne den schon, da wir grade erst vor 3 Wochen zu viert zum Schotter fahren hier waren. Das Wetter ist großartig, die Straßen trocken und so sollten die gepflasterten Kehren auf den Nordseite auch für Iris kein Problem sein.

Die Auffahrt verläuft richtig gut, flüssig und auch die Linienwahl lässt nichts zu meckern übrig. Immer mal wieder halten wir an, um die Aussicht zu genießen, Bilder zu machen oder einfach etwas Sonne zu tanken.

Oben angekommen, wird auch hier die fantastische Sicht auf die Julischen Alpen genossen. Ok, die Abfahrt auf der Südseite hatte ich nicht so lang in Erinnerung. Serpentinen ohne Ende und echt steil ist es hier. Aber wir kommen gut unten an. Ein leicht erhöhter Stresspegel, aber alles im grünen Bereich bei Iris.

Die Freude auf das Soča Tal steigt schließlich. Hier waren wir letztes Jahr, als wir dieses spontane Reisen ohne Ziel ausprobiert haben. So haben wir uns einige Stellen am Ufer und dem Fluss selbst, wieder angeschaut und uns an den letzten Urlaub erinnert.

Das Soča Tal ist einfach wunderschön. Die Farbe des Wassers, die Natur, Berge, einfach alles. Gute 60 km sind wir heute nun unterwegs. Immer mehr Biker kommen uns entgegen und machen Handzeichen, dass wir drehen sollen. Einige Kilometer später sehen wir es dann. Ein Unfall, das Auto halb auf der Leitplanke, mehr sehen wir zum Glück nicht.

Wir reden mit anderen Bikern hier, Vollsperrung, Verletzte, die grade versorgt werden, aber noch keine Polizei. Mindestens eine Stunde, eher mehr soll das nun dauern. Wir drehen um. Ein paar hundert Meter weiter geht eine Schotterpiste parallel zur Straße, aber auf der anderen Seite des Flusses entlang.

Wir also rüber über die kleine Brücke und rein in den Weg. Der Untergrund ist OK. Ja die Durchfahrt ist verboten, steht groß auf dem Schild, aber.... wir fahren trotzdem weiter. Der erste Kilometer passt. Auch für Iris kein Problem. Dann ein leichter Anstieg, loser Untergrund, kleiner Steine, aber machbar. Oben angekommen sehe ich, dass es steiler und auch gröber wird. Eigentlich kein Problem für die beiden Moppeds. Ich fahre noch ein Stück weiter, um zu gucken. Nee, dass wird nichts, nicht mit der Fahrerfahrung von Iris.

Also doch wieder drehen. Das mache ich dann mit beiden Moppeds, Iris traut sich das nicht zu auf dem losen Untergrund. Zurück an den teils verwundert schauenden Wanderern. Die nun entgegenkommenden Biker halte ich an und erkläre ihnen, warum wir drehen, die meisten sollten da easy durchkommen.

Auf der Hauptstraße angekommen, entscheiden wir erst einmal für einen Kaffee. Ran an die Seite und mal überlegen, wie es weiter gehen kann. Mittlerweile reden die Biker, die hier ebenfalls im Café sitzen über mindesten 3 bis 4 Stunden Sperrung, aufgrund der Bergung.

Tja was nun. Zurück? Bei dem Gespräch, dass wir wieder über den Vršič Pass zurückmüssen, merke ich, dass Iris nicht wirklich davon angetan ist. Aber die andere Möglichkeit hier zu warten ist ebenfalls Mist.

So fahren wir los. Bei der Auffahrt merke ich, dass es nicht so gut läuft wie am Morgen bei der ersten Fahrt. Vielleicht weil sie weiß, was auf sie zu kommt? Wir halten oben an, aber einen wirklichen Grund warum es nicht läuft, finden wir nicht. Auf der Abfahrt, dann noch ein Stopp. Was essen und trinken, mal wirklich den Kopf was freier bekommen. Es scheint geholfen zu haben, die Abfahrt läuft dann wieder, trotz des Kopfsteinpflasters.

Unten angekommen, ein wenig Landstraße, dann kleine einsame Sträßchen durch den Triglav Nationalpark. Das war der Plan. Es läuft, wir kommen voran. Noch gute 60 Kilometer bis zum Tagesziel. Eine Unterkunft, die ich vor 3 Wochen kennengelernt habe.

Obwohl die Straßen breiter werden, wird Iris langsamer. Wir halten an, reden, versuchen herauszufinden, was da grade passiert.

Es ist der Stress, die Größe der Straßen, die Menge an Serpentinen und auch die Straßenführung an sich, immerhin geht es hier keine 200 m geradeaus. Kurve an Kurve, keine Zeit zum Entspannen oder mal runterzukommen. Was für mich Flow ist, ist für sie gerade purer Stress.

Wir beschließen, dass beim Abendessen den Tag noch einmal Revue passieren zu lassen. Vielleicht mal ein paar Tage an einem Ort, ausruhen. Die Touren etwas planen, so dass man weiß, was einen erwartet. Der eine freut sich, der andere ist völlig überfordert. Das geht verdammt schnell, wie wir heute feststellen mussten.

Ich brauche bald einen neuen Hinterreifen, da bietet es sich an, an einem festen Ort zu sein und organisieren zu können.

Wir werden sehen, was sich so ergibt. Das Wetter wird uns wahrscheinlich in Richtung Osten treiben, im Süden soll Regen aufziehen. Wie sich Iris erholt und wie wir weitermachen werdet ihr dann morgen erfahren.

PS: Heute sind dennoch 207 km dazu gekommen, somit sind wir 1.807 km in den ersten 6 Tagen gefahren.